InsideOut Talk Prof. Dr. Ernst-Dieter Lantermann | Thomas Zipp (WHITE REFORMATION CO-OP) MENS SANA IN CORPORE SANO
Der Vortrag von Lantermann war sehr schön, auch wenn der vorgetragene Text eher ein Lesetext als ein Redetext war. Erstaunlich und erfreulich fand ich, dass sowohl die Zuhörer als auch der Redner – grob gesagt natürlich – die Ausstellung eher kritisch betrachteten, obwohl sie auf ihre Weise sehr beeindruckend ist.
Die Metapher vom „Don Quichotte des Weltverstehens“ spiegelt das gut wider. Wenn gute Philosophie ihre Zeit auf den Begriff bringt, so könnte gute Kunst vielleicht ihre Zeit ins Bild setzen. Aber ist Zipp in dieser Hinsicht ein Zeitgenosse? Setzt er das 21. Jahrhundert ins Bild – oder ist er, etwas überzogen gesagt, wie Don Quichotte jemand, der nicht auf der Höhe der eigenen Zeit arbeitet und gegen bloß eingebildete Gegner ankämpft? Oder besser: jemand, der sich mit Problemen auseinandersetzt, die nicht widerspiegeln, wer wir heute sind und in welcher Welt wir leben.
Lantermann macht diesen Aspekt zwar deutlich, hegt aber offensichtlich dennoch eine gewisse Sympathie für den Künstler, der – wie Don Quichotte (den man ja trotz oder gerade wegen seiner „Fehler“ mag) – unermüdlich und unbeirrbar bleibt. Dieses Unermüdliche und Unbeirrbare schätzt Lantermann, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Vielleicht wollte er mit der ambivalenten Figur des Don Quichotte seiner (recht deutlichen) Kritik auch etwas die Spitze nehmen.
Mir selbst erscheint Zipp eher wie ein Salonkünstler, der es dem Betrachter erlaubt, aus sicherer Distanz – gewissermaßen im „schönen Hotel-Abgrund“, wie es manchmal heißt – eine wohlbekannte Problemlage zu begutachten, bei der er auf „gesichertes Wissen“ zurückgreifen kann. Der Betrachter kann (im Gespräch oder für sich selbst) ein wenig Foucault zitieren oder über die Dialektik der Aufklärung reflektieren, wofür sich natürlich ein Ort wie das Fridericianum besonders anbietet – und sich dabei sehr wohlfühlen.
In derselben Kunsthalle befindet sich in einer Vitrine ein vergoldetes Gehirn. Das scheint mir eher auf der Höhe der Zeit zu sein. Eine Zeit, in der ein kruder Naturalismus die Menschen dazu bringt, sich für Biomaschinen mit Gehirn zu halten – fitte, optimierbare „Körper“ eben.